In den Schlagzeilen der letzten Jahre dominieren Begriffe wie Kostensenkungen, Restrukturierungen und Stellenabbau. Viele Menschen haben das Gefühl, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt immer kleiner werden. Doch dieses Bild ist nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit entstehen in Deutschland gerade jetzt neue Beschäftigungsmöglichkeiten – oft in Bereichen, die für das gesellschaftliche Zusammenleben unverzichtbar sind.
Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung titelte am 4. März 2025: „Wo es jetzt noch Jobs gibt“ (Kühne, 2025). Die Kernaussage: Während in einigen Branchen Stellen verschwinden, suchen andere dringend nach Arbeitskräften. Und mehr noch – viele Arbeitgeber zeigen sich offen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die Lust haben, neue Wege zu gehen.
Gesundheits- und Sozialwesen: das Rückgrat der Gesellschaft
Kaum ein Sektor verdeutlicht den Fachkräftemangel so drastisch wie Pflege, Kinderbetreuung und Sozialarbeit. Bereits heute fehlen bundesweit Hunderttausende Fachkräfte – Tendenz steigend. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) stellte fest, dass allein im Jahr 2023 über 530.000 qualifizierte Arbeitskräfte fehlten, besonders in den sogenannten systemrelevanten Berufen (Tiedemann, Kunath & Werner, 2023).
IT, Technik und Ingenieurwesen: digitaler Motor mit Personallücke
Auch die Digitalisierung erzeugt einen gewaltigen Bedarf. Laut Bitkom waren 2023 rund 149.000 IT-Stellen unbesetzt – ein historischer Höchststand (Bitkom, 2023). Zwar ging die Zahl bis August 2025 leicht zurück, auf etwa 109.000 fehlende IT-Fachkräfte, doch 85 % der Unternehmen geben an, weiterhin stark vom Mangel betroffen zu sein (Bitkom, 2025).
Hinzu kommen technische Berufe im Ingenieurwesen, in der Energiewirtschaft oder im Handwerk. Besonders die Energiewende sorgt dafür, dass neue Jobs entstehen – vom Solartechniker bis zur Windkraft-Ingenieurin (Kühne, 2025).
Ein Blick in die Zukunft: die Lücke wächst
Die Herausforderung wird sich weiter verschärfen. Laut Berechnungen des IW könnte die Fachkräftelücke bis 2028 auf 768.000 unbesetzte Stellen anwachsen – betroffen sind insbesondere Verkauf, Erziehung, Sozialarbeit und Pflege (IW, 2023; Welt, 2023). Diese Zahlen zeigen deutlich: Es reicht nicht, die Situation kurzfristig zu überbrücken. Deutschland muss langfristige Lösungen entwickeln.
Ursachen: Demografie und Strukturprobleme
Der Haupttreiber bleibt der demografische Wandel: Immer mehr ältere Menschen gehen in Rente, während gleichzeitig weniger junge Fachkräfte nachkommen (Peichl et al., 2025). Dazu kommen strukturelle Defizite: Zu wenig Nachwuchs in MINT-Fächern, zu geringe Wertschätzung für Handwerks- und Pflegeberufe sowie eine oftmals träge Weiterbildungslandschaft (Tiedemann et al., 2023).
Chancen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger
Spannend für alle Berufstätigen im Umbruch: Viele Betriebe suchen ausdrücklich nach Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. In der Pflege oder im Handwerk sind Umschulungen gängige Modelle, die Menschen neue Perspektiven eröffnen. Auch IT-Bootcamps, berufsbegleitende Weiterbildungen oder duale Studiengänge erleichtern den Zugang (Kühne, 2025).
Fazit: Ein Arbeitsmarkt voller Gegensätze – und Möglichkeiten
Ja, es gibt Stellenabbau. Aber gleichzeitig entstehen neue Chancen – in genau den Bereichen, die unsere Gesellschaft dringend braucht. Wer offen ist für Weiterbildungen und bereit ist, neue Wege einzuschlagen, wird auch in den kommenden Jahren gute Chancen haben.
Für Unternehmen bedeutet das, umzudenken: Statt nur klassische Lebensläufe zu suchen, werden Motivation, Lernbereitschaft und Flexibilität entscheidend (Bitkom, 2025; Peichl et al., 2025).
Für Bewerberinnen und Bewerber gilt also: Gerade jetzt lohnt sich ein Blick in Branchen wie Pflege, IT, Handwerk oder Erziehung – dort warten nicht nur sichere Jobs, sondern auch sinnstiftende Aufgaben.
Literatur
• Bitkom. (2023). Fachkräftemangel in der IT erreicht Rekordniveau. Bitkom e.V.
• Bitkom. (2025). Deutschland fehlen IT-Fachkräfte. Bitkom e.V. Abgerufen von https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Deutschland-fehlen-IT-Fachkraefte
•Kühne, A. S. (2025, 4. März). Wo es jetzt noch Jobs gibt. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Abgerufen von https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/wo-es-jetzt-noch-jobs-gibt-110327113.html
• Peichl, A., et al. (2025). ifo Schnelldienst 3/2025: Arbeits- und Fachkräftemangel. ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.
• Tiedemann, J., Kunath, G., & Werner, D. (2023). Dringend gesucht: In diesen Berufen fehlen aktuell die meisten Fachkräfte. Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
• Welt. (2023, 27. April). Fachkräftelücke wird rasant wachsen – 768.000 Stellen betroffen. Die Welt.